Spermaqualität älterer Väter: Fakten und Risiken
Eine Studie der Stanford-Universität in Palo Alto erbrachte erstaunliche neue Erkenntnisse: Bei Kindern von Vätern über 45 Jahre ist das Risiko für eine Frühgeburt der Untersuchung zufolge um 14 Prozent erhöht. Ebenso erhöht ist das Risiko mit einem geringeren Geburtsgewicht zur Welt zu kommen. Welche Rolle spielt das Alter des Vaters? Es gibt prominente Beispiele […]
Eine Studie der Stanford-Universität in Palo Alto erbrachte erstaunliche neue Erkenntnisse: Bei Kindern von Vätern über 45 Jahre ist das Risiko für eine Frühgeburt der Untersuchung zufolge um 14 Prozent erhöht. Ebenso erhöht ist das Risiko mit einem geringeren Geburtsgewicht zur Welt zu kommen.
Welche Rolle spielt das Alter des Vaters?
Es gibt prominente Beispiele von Männern, die bis ins hohe Alter Kinder gezeugt haben. Jedoch zeigte sich, dass ab einem „kritischen Alter“ des Vaters von circa 45 bis 50 Jahren bei den Kindern bestimmte vererbbare Erkrankungen oder auch die Rate an Autismus erhöht sein kann.
Was weiß man gesichert?
Als gesicherte Einflussfaktoren auf die Fruchtbarkeit gelten genetische Faktoren, Vorerkrankungen, Hodenhochstand beim Vater in dessen Jugend, eine Krampfader des Samenstranges, entzündliche Veränderungen, eingenommene Medikamente und Umweltfaktoren. Und dann kommt noch der Alterungsprozess hinzu. Mit dem Alter des Vaters steigt die Rate an Neumutationen, also von „falsch kopiertem Genmaterial“ in den Spermien. Wie groß der Einfluss der einzelnen Faktoren und deren Zusammenspiel ist, muss aber noch im Detail erforscht werden.
Wie sind die Ergebnisse der Studie zu werten?
Die Studie arbeitet anhand riesiger Datenmengen sehr wichtige Zusammenhänge heraus. Über 40 Millionen Geburten wurden ausgewertet! Es zeigte sich mit zunehmendem Alter des Vaters ein niedrigeres Geburtsgewicht und eine verminderte Größe des Kindes, eine erhöhte Rate an Frühgeburten und sogar einen Einfluss auf den Gesundheitszustand der Mutter während der Schwangerschaft. Alles höchst interessant, aber die genauen biologischen Mechanismen bleiben zunächst noch unklar. Nun ist es Aufgabe weiterer Forschungen, diese Zusammenhänge im Detail genau zu erklären. Das ist nämlich aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren nicht so einfach.
Ab wann nimmt die Spermienqualität ab?
In den westlichen Industrienationen werden die meisten Kinder von Vätern im Alter zwischen 25 und 34 Jahren gezeugt. Aber der Anteil älterer Väter nimmt zu. Mittlerweile ist bei jeder zehnten Schwangerschaft der Vater älter als 40 Jahre. Man weiß, dass etwa ab dem 35. Lebensjahr ein Mann im Durchschnitt pro Jahr zwei neue Mutationen in der DNA seines Spermas aufweist. Daher wird in der genannten Studie ab dieser Altersgruppe auch der Begriff „fortgeschrittenes väterliches Alter“ verwendet. Generell gilt: Je älter der Vater, desto höher das Risiko. Da die Studie in 10 Jahres-Gruppen aufgeteilt wurde, konnte ein weiter Sprung im Risikoprofil ab dem 45.-50. Lebensjahr herausgearbeitet werden.
Wodurch genau nimmt die Qualität ab?
Generell: Seit Anfang der 70er Jahre ist die Gesamtzahl der Spermien pro Samenerguss in den westlichen Industrienationen im Vergleich zur restlichen Welt zurückgegangen. Dies konnte in einer Zusammenschau vieler Studien gezeigt werden. Welche Umweltfaktoren dabei die entscheidende Rolle spielen, kann man nicht seriös beantworten. Dazu wären extrem aufwändige Untersuchungen mit großen Fallzahlen über langen Zeitraum notwendig. Aber es gibt zumindest Hinweise und Vermutungen, zum Beispiel dass der Verzehr hormonhaltigen Fleisches in der Schwangerschaft die Rate an Hodenhochstand bei Jungs erhöhen oder dass elektromagnetische Strahlung durch Handygebrauch die Fruchtbarkeit stören könnte.
Was man aber gesichert weiß: Übergewicht sorgt dafür, dass in Fettzellen Testosteron in Östrogen umgewandelt wird und Männer mit einem Body-Mass-Index (BMI) über 25 eine tendenziell schlechtere Spermaqualität haben. Auch das Rauchen hat einen nachgewiesenen negativen Effekt auf Anzahl, Beweglichkeit und Form der Spermien. Außerdem finden sich bei Rauchern häufiger Schäden in der DNA der Spermien.
Und konkret:Ältere Väter haben häufiger Herz-Kreislauf-Probleme, was ebenfalls mit einem erhöhten Risiko für eine eingeschränkte Spermaqualität verbunden ist. Die dann notwendigen Medikamente wie beispielsweise Betablocker können zu einer weiteren Einschränkung der Spermienfunktion führen. Wahrscheinlich spielt aber der „normale Alterungsprozess“ mit Zunahme von DNA-Defekten und Abnahme der Reparaturmöglichkeiten die wichtigste Rolle. Mit dem Alter des Vaters steigt die Rate an Neumutationen, also von „falsch kopiertem Genmaterial“ in den Spermien. Die meisten dieser Kopierfehler haben entweder keinen Effekt, da sie nicht funktionsrelevant sind oder einen so starken Effekt, dass es erst gar nicht zu einer Schwangerschaft kommen kann.
Hat das tatsächlich Auswirkungen auf die Gesundheit des Kindes?
Offenbar ja. Jedenfalls sind diese neuen Daten zu Geburtsgewicht und Frühgeburtlichkeit schon eine Art Revolution. Bislang gilt nur für etwa 15 Krankheiten ein Zusammenhang mit dem väterlichen Alter als statistisch erwiesen, die bekanntesten davon sind beispielsweise der genetisch bedingte Kleinwuchs oder die Bluterkrankheit. Dennoch schließe ich mich der Empfehlung des Studien-Autors an, dass man seine Lebensplanung nicht grundsätzlich an diesen Daten ausrichten sollte, da die Risiken immer noch relativ niedrig sind.
Können Männer etwas gegen diesen „Verfall“ tun?
Gegen den Alterungsprozess an sich kann man ja nichts tun. Aber die genannten Risikofaktoren Bewegungsmangel, Übergewicht und Rauchen können reduziert werden. Es gibt Hinweise, dass unsere westliche Form der Ernährung im Gegensatz zur sogenannten mediterranen Kost nachteilig sein kann. Die empfohlene „Mittelmeer-Diät“ enthält viel frisches Obst und Gemüse, Salat, Nüsse, Hülsenfrüchte, Fisch und Olivenöl und verzichtet auf zu viel rotes Fleisch und fetthaltige Milchprodukte. So hält sie die Blutgefäße gesund und senkt auch das Risiko von Zuckerkrankheit, Bluthochdruck und Fettleibigkeit.
Quellen:
Paternal factors in preconception care: the case of paternal age, Eisenberg, M. et al, BMJ 2018;363:k4466
Das väterliche Alter aus humangenetischer Sicht, Engel W, Laccone F, Sancken U, J. Reproduktionsmed. Endokrinol 2004; 1 (4), 263-267
Leave a Response