Polymedikation

Der Arzt als Dealer Bis zu 10 Prozent aller stationären Aufnahmen beruhen auf Medikamentennebenwirkungen, wobei rund die Hälfte dieser medikamentös bedingten Hospitalisierungen durch Wechselwirkungen verursacht wird.  In Deutschland sterben jedes Jahr bis zu 30.000 Menschen durch Nebenwirkungen bei der Multimedikation, also der Einnahme von mehreren Arzneimitteln. Das sind fast zehnmal so viele, wie jährlich durch […]

-

Der Arzt als Dealer

  1. Polymedikation – Warum wichtig 

Bis zu 10 Prozent aller stationären Aufnahmen beruhen auf Medikamentennebenwirkungen, wobei rund die Hälfte dieser medikamentös bedingten Hospitalisierungen durch Wechselwirkungen verursacht wird. 

In Deutschland sterben jedes Jahr bis zu 30.000 Menschen durch Nebenwirkungen bei der Multimedikation, also der Einnahme von mehreren Arzneimitteln. Das sind fast zehnmal so viele, wie jährlich durch Unfälle im Straßenverkehr zu Tode kommen. 

Mehr als 5 Millionen GKV-Versicherte nahmen 2011 fünf oder mehr unterschiedliche Wirkstoffe in Arzneimitteln zur systemischen Therapie dauerhaft ein, 600.000 davon sogar zehn oder noch mehr Arzneimittel. 

  1. Was ist das überhaupt? Ab wann hört man besser auf zu zählen?

Was passiert mit einem Arzneistoff nachdem eine Tablette geschluckt wurde:

  • zunächst aus der Arzneiform (Tablette, Kapsel) freigesetzt, ein Vorgang dessen Geschwindigkeit von der Herstellung des Arzneimittels abhängt (Retardierung), manchmal auch Magenschutz damit der Magen geschützt wird oder der Arzneistoff vor der Magensäure. 
  • Der Arzneistoff wird dann aufgenommen (Magen, Dünn- oder Dickdarm), 
  • Leber (dort kann schon der Abbau einsetzen, sodass gar nicht alles von der Leber in den Blutkreislauf abgegeben wird, oder auch aktiviert)
  • Dann im Körper verteilt und gelangt an sein Ziel 
  • Dabei aber auch zur Niere und in den Urin zur Ausscheidung bzw. wieder zur Leber und weiterem Abbau und auch die Leber kann Arzneistoffe ausscheiden, und zwar über die Galle in den Darm – also Niere über den Urin, Leber über den Darm und Stuhlgang 
  • So laufen anfluten im Zielorgan und Abbau parallel und nach ein paar Stunden hat der Arzneistoff den Körper wieder verlassen. 

Arzneimittelinteraktionen entstehen durch verschiedene Interaktionen:

  • direkt chemisch-physikalische Interaktion, die auch im Reagenzglas passieren würden, 
  • oder nur im Körper. Dort zwei Arten:
    • Was macht unser Körper mit dem Arzneimittel (pharmakokinetisch)
    • Was macht das Arzneimittel mit unserem Körper (pharmakodynamisch).

Beispiele

  • Chemisch:
    • Calcium/Milch → Tetracyclin ↓ Bisphosphonate ↓ (deshalb eigentlich immer mit Wasser)
  • Körper mit dem Arzneimittel:
    • Induktion oder Inhibition von arzneistoff-abbauenden Enzymen
    • Johanniskraut (Induktor) → Östrogen, Nifedipin ↓
    • Clarithromycin/Antibiotikum (Inhibitor) → Nifedipin ↑
  • Arzneimittel mit dem Körper
    • Zwei müde machende Arzneistoffe (Antihistamin + Antiepileptikum/Angstlösend)
    • Blutverdünner (> 25 Prozent) + Aspirin
    • Blutdruckabfall: Betablocker, ACE-Hemmer und Sartane
    • Suchterregende AM
  1. Inwieweit kann man als Arzt oder Ärztin überhaupt den Anspruch haben wollen, alle Wechselwirkungen zu beachten?

Schwierig, besser in der Hand einer Stammapotheke

bei älteren Patienten ist es von daher notwendig, anhand eines aktuellen und vollständigen Medikationsplans zu prüfen, ob das geschilderte Symptom des Patienten Nebenwirkung einer bisherigen Therapie oder tatsächlich eine neue Diagnose ist, die eine weiteres Medikament erfordert

  1. Zettelwirtschaft oder e-Medikationsplan? Wie weit sind wir in der Praxis?

e-medikationsplan nicht patientengerecht.

  1. Stichwort: Compliance und Polymedikation. Inwieweit wird wirklich geschluckt, was auf den Tisch kommt?

1/16

Ein vermeidbares, rein merkantil begründetes Problem erhöht die Gefahr für die Patienten: Die Verträge der Krankenkassen mit den jeweils günstigsten Pharma-Anbietern haben zur Folge, dass der alte Patient immer wieder mit neuen Medikamenten zu tun hat, die zwar denselben Wirkstoff enthalten, aber ein neues Erscheinungsbild in Form und Farbe haben können. So entsteht vielfach ein Einnahme-Chaos, weil der Patient nicht mehr unterscheiden kann, welche der vielen Pillen er morgens, mittags oder abends nehmen soll. 

  1. Stichwort: OTC und Naturheilkunde. Was der Arzt nicht weiß, macht ihn nicht heiß, oder was erzählen Patientinnen und Patienten tatsächlich?

Bestes Beispiel Nahrungsmittel und Johanniskraut.

ADAM nicht berücksichtigt

Leave a Response

Schreibe einen Kommentar