Fieber meist harmlos, Fiebermittel nicht unbedingt, und wann zum Arzt?

Ab wann Fieber? Normal: Die Körpertemperatur unterliegt einer strengen Regulation.  Normale Schwankungen Erwachsene: Es gibt keine einheitliche Definition. Vielfach ist schon ab 38,0°C: Wie gemessen? Hauttemperatur ≠ Körperinnentemperatur  An solchen Stellen Temperatur gemessen, die näher am Körperinneren: Po, Gehörgang, Mund Thermometer: Infrarot-Thermometer im Ohr:  angenehmste MethodeOhr zum Messen nach hinten oben ziehen, damit der Gehörgang […]

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Ab wann Fieber?

Normal:

Die Körpertemperatur unterliegt einer strengen Regulation. 

Normale Schwankungen

  • Im Tagesverlauf um fast 1°C: 36,5-37,4°C:
    • In der zweiten Nachthälfte und morgens am niedrigsten
    • zum Abend hin am höchsten
  • Bei Frauen im fruchtbaren Alter steigt die Körpertemperatur nach dem Eisprung in der Zyklusmitte um etwa 0,5°C bis zur nächsten Monatsblutung und sinkt dann wiedert.

Erwachsene:

Es gibt keine einheitliche Definition. Vielfach ist schon ab 38,0°C:

  • Normal: 36,5-37,4°C (Kinder: 36,5-37,5 °C)
  • Erhöht: 37,5-38,1°C (Kinder: 37,6-38,4 °C)
  • Fieber: >38,2°C (Kinder: ≥38,5°C; Säuglinge < 3 Monaten: ≥38 °C)
  • Hohes Fieber: ≥39 °C
  • Extrem hoch (Hyperpyrexie): ≥40 °C 

Wie gemessen?

Hauttemperatur ≠ Körperinnentemperatur 

An solchen Stellen Temperatur gemessen, die näher am Körperinneren: Po, Gehörgang, Mund

Thermometer:

  • Standard rektal: am genauesten, ca. 0,5°C unter Körperkerntemperatur; Für Babies Spezialthermometer mit weicher Spitze
  • Alternative: Unter der Zunge 0,3-0,5°C niedriger als rektal
  • Nicht geeignet:
    • Unter der Achsel bis zu 1,5°C niedriger als rektal
    • Stirn zu ungenau
    • Quecksilberthermometer

Infrarot-Thermometer im Ohr: 

angenehmste Methode
Ohr zum Messen nach hinten oben ziehen, damit der Gehörgang begradigt wird.
Falsche Anwendung zu verfälschten Ergebnissen:

  • Ohrenschmalz
  • Zugluft
  • Bei Säuglingen und einigen Geräten durch engen Gehörgang erschwert

Wie entsteht Fieber bei Erkältung?

Erhöhung der Körpertemperatur keine Krankheit, sondern ein Symptom.
Auch in der Tierwelt weit verbreitet.

Immunreaktion angelaufen: 

Zeigt bei Erkältung eine eine wirkungsvolle Immunreaktion an.

Schüttelfrost:

Weiße Blutkörperchen, beginnen zu arbeiten und schütten Stoffe aus, die u.a. in einer speziellen Hirnregion, den Sollwert Körpertemperatur nach oben hin verstellen.

Der Körper drosselt die Wärmeabgabe über die Haut, stellt die Blutgefäße enger,
die Betroffenen sehen blass aus, haben kalte Hände und Füße, Haut ist trocken.
Zugleich Gefühl, zu frieren, packen uns dick in warme Kleidung oder eine Bettdecke ein. Extrem Muskeln zittern um Wärmeproduktion zu erhöhen = Schüttelfrost. 

Zwingt zur Ruhe:

Schützt indirekt vor Folgeerkrankungen wie Herzmuskelentzündung durch zu hohe Aktivität bei Grippeinfektionen.

Schwitzen:

In der Phase des Fieberabfalls gibt der Körper Wärme wieder ab: Blutgefäße weit, Haut ist gerötet und feucht, der Patient ist schweißgebadet, großer Durst, besonders wenn vorher zu wenig getrunken.

Wodurch kann die Körpertemperatur noch erhöht sein?

  • Zerstörung von Körperzellen, Abbauprodukte wirken fieberauslösend
    • Verletzung
    • Verbrennung, Sonnenbrand
    • Tumorerkrankungen oder der Zerfall eines Tumors
  • Arzneimittelnebenwirkung
    • Psychopharmaka (Neuroleptika)
    • Herz-Kreislaufmittel (Betablocker)
  • Impfung
  • Hitzschlag z.B. große körperliche Belastung bei starker Hitze/hoher Luftfeuchtigkeit:
    unkontrolliert >40°C, kein Schwitzen, warme, gerötete, trockene Haut, lebensbedrohlicher Wärmestau, schneller Puls, schnelles Atmen, Muskelkrämpfe.
    + Zentralnervensystem beeinträchtigt (“Schlag”): Schwindel, Kopfschmerzen, Übelkeit, Verwirrtheit, eventuell bewusstlos. 

Ist Fieber notwendig/gesund/gefährlich?

Eher philosophisch: Die meisten Säugetiere, Reptilien, Amphibien und Fische haben während einer Infektion eine erhöhte Kerntemperatur. Fieber Teil einer durch die Evolution konservierten Abwehrreaktion des Wirts. Unwahrscheinlich, dass sich der metabolisch teure Anstieg der Körpertemperatur erhalten hat, wenn er nicht dem Wirt zugute käme.

Ein Teil eines sehr wichtigen Signalwegs der Entzündungsreaktion, insbesondere früh regulierte Gene sind Temperatur-abhängig (Harper et al. 2018). Bei bakteriellem Infekt wirken einige Antibiotika bei höheren Temperaturen und einigen Bakterien besser, bei anderen nicht (Mackowiak et al. 1981).

Maßnahmen

Selbst extremes Fieber 41,1-42,2°C kaum Auswirkungen auf Sterblichkeit (Simon 1976), also vermutlich kein Risiko per se. Möglich Überanstrengung des Herz-Kreislauf-Systems.

Fieber laufen lassen und schonen

  • Strenge Bettruhe, um eine Überanstrengung von Herz und Kreislauf zu vermeiden.
  • In der Phase des Fieberanstiegs Organismus entlasten warm einpacken, eventuell Wärmflasche
  • Während des Fiebers viel trinken, denn der Körper verliert durch seine Überhitzung mehr Flüssigkeit als sonst.
  • In der Phase des Fieberabfalls Organismus entlasten durch kalte Wickel, ein feuchtes Tuch auf der Stirn, kühle Raumtemperatur und kühle Getränke. 

Fieber senken

Nicht:

  • Nach Impfungen

Wann senken?:

  • Bei Herz- und Kreislaufkranken in Absprache mit dem behandelnden Arzt um Belastung des Herzens zu vermeiden.
  • Kind bei hohem Fieber zunehmend erschöpft
  • Ab 38.5?

Wie senken?

Wadenwickel

Wärmestau vermeiden. Bei heißer Haut feuchte, kühle Umschläge, Wadenwickel. Nicht eiskalt sein, sondern eher lauwarm. Bei Kindern um den Bauch; die Waden haben noch zu wenig Oberfläche, um einen merklichen Abkühlungseffekt zu erzielen. 

Medikamente

Paracetamol, Ibuprofen oder Acetylsalicylsäure

  • Keine ASS bei Jugendlichen (Dinakaran and Sergi 2018; Schrör 2016).
  • Paracetamol max. 20 St. à 500 mg, 10 g, auch nicht mehrere Packungen, dann Rp.; potentiell Leberschädigend
  • Ibuprofen 400 mg ohne Begrenzung: potentiell Nierenschädigend (insbesondere wenn zu wenig getrunken oder Vorschädigung) und Herz-Kreislaufrisiko erhöht
  • Alternierende Therapie möglicherweise effektiver als Monotherapie, aber Risiko für Therapiefehler erhöht (Section on Clinical Pharmacology and Therapeutics et al. 2011).
  • Maximal 3 Tage

Bei Kopfschmerzen ohnehin

Verminderte Immunreaktion widersprüchlich 

  • Krankheitsverlauf verlängert:
    • Fiebernde Intensivpatienten, Sterblichkeit deutlich erhöht wenn schon ab 38,5°C und nicht erst ab 40°C antipyretisch behandelt (Schulman et al. 2005)
  • Kein Effekt auf Krankheitsverlauf:
    • Patienten mit Sepsis: kein Effekt auf Verlauf und Sterberisiko (Bernard et al. 1997)
    • Kritisch kranke Fieberpatienten: kein Unterschied Anzahl Intensivpflege-Tage oder Sterbewahrscheinlichkeit (Young et al. 2015).

Wann zum Arzt?

  • Bleibt Fieber längere Zeit bestehen.
  • Fieber in Verbindung mit starken Kopf-, Bauch-, Bauch oder Gliederschmerzen, Durchfall und Erbrechen oder geschwollenen Lymphknoten.
  • Nach Reisen in die Tropen.
  • Fieber durch Nebenwirkung eines Medikaments
  • Fieber durch Impfung

Säuglinge und Kleinkinder

Keine offizielle deutsche Leitlinie, aber von der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ) seit 2018 eine Elterninformation „Mein Kind hat Fieber“.

Fieber sehr variabel

Neugeborenen und sehr junge Säuglingen die Fähigkeit, mit Fieber zu reagieren, eventuell noch nicht voll ausgeprägt. Daher kann bei Messung „normaler“ oder nur „leicht erhöhter“ Temperaturen dennoch eine schwere Infektion vorliegen. Deshalb wird bei Säuglingen bis zum Alter von ca. 3 Monaten schon ab 38° Celsius von Fieber gesprochen. 

Kind ungewöhnlich schlapp oder teilnahmslos, mag nicht, nur kurz oder schwach trinken oder zeigt eine veränderte Hautfärbung (blass, bläulich, rot), zum Arzt.

Andererseits gebe es aber Kinder, die selbst von hohem Fieber relativ unbeeinträchtigt bleiben und die dann auch keine Fiebersenkung benötigen. Eine absolute Grenze, ab der eine Fiebersenkung notwendig ist, gebe es nicht. Dem Experten Martin zufolge, schreibt Medscape, könne ein gesundes Kind auch 40 °C oder 41 °C Körpertemperatur gut aushalten.

Paracetamol, aber…

Mittel der Wahl und bei Fieber und Schmerzen ohne Altersbeschränkung zugelassen. Dosierung hängt von Alter und Körpergewicht ab und ist wegen der Gefahr der Lebertoxizität genau einzuhalten. Ca. 10-15 mg/kg Körpergewicht alle 4-6 h.

Fieberkrämpfe 

Ein Fieberkrampf ist ein epileptischer Anfall nach dem ersten Lebensmonat, der in Verbindung mit einer fieberhaften Erkrankung meist bei Körpertemperaturen >38 °C auftritt. 

Häufigste Form epileptischer Krampfanfälle. Risiko: versehentlich verletzen, Atempausen.

Kinder mit Fieberkrämpfen sind normal entwickelt und sonst gesund, insbesondere haben sie keine anderen Erkrankungen des Gehirns.

Betreffen etwa 3–5% aller Kinder, insbesondere Kleinkinder 6 Monaten-5 Jahre, am häufigsten um den 18. Lebensmonat.

Wenn ein Kind erstmalig einen Fieberkrampf erleidet:

  • Bei dem Kind bleiben
  • Ruhe bewahren
  • Auf die Uhr schauen, wie lange der Anfall dauert. 
  • Kleidung wenn nötig lockern, damit frei atmen. 
  • Auf keinen Fall Getränke oder Nahrung; könnte daran ersticken. 
  • Rasch Kinder- und Jugendärztin/arzt oder Notärztin/arzt
  • Nach dem Anfall Körpertemperatur messen; Fieber ggf. durch Fieberzäpfchen und kühle Wickel senken.

Kind zum wiederholten Male einen Fieberkrampf

  • Wenn länger als einige Minute dauert, Notfallmedikament (welches entscheidet Arzt)
  • In der Regel in einer Rektiole, die wie ein Zäpfchen gegeben wird.
  • Es gibt kein Mittel, einen erneuten Fieberkrampf zuverlässig zu verhindern, auch nicht durch konsequente Fiebersenkung; Krampfanfälle häufig im Fieberanstieg und deswegen nicht vorherzusehen.

Auch zum Thema Fieberkrämpfe hat die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin eine Elterninformation herausgegeben. https://www.dgkj.de/eltern/dgkj-elterninformationen/elterninfo-fieberkrampf/ 

Dreitagefieber

Fast alle Kinder bis zum Ende ihres 3. Lebensjahres. 

Meist harmlos verlaufende Erkrankung durch das menschliche Herpesvirus Typ 6. Ansteckung durch Tröpfcheninfektion, also Husten und Niesen. 

  1. Plötzliches sehr hohes Fieber, 3-4 Tage anhält. Manchmal so abgeschwächt, dass nicht bemerkt, denn trotz des hohen Fiebers Allgemeinbefinden meist kaum oder gar nicht beeinträchtigt.
  2. Sobald Fieber ebenso plötzlich wieder verschwunden, auf Brust und Rücken ein Ausschlag mit kleinen blass roten Flecken, der sich auf den ganzen Körper ausbreiten kann, selten auf Gesicht und Kopfhaut. 
  3. Nach ungefähr 2-3 Tagen verschwindet auch der Ausschlag, und die Infektion ist überstanden. 
  4. Erkrankung hinterlässt eine lebenslange Immunität.

Um andere, schwerwiegendere Erkrankungen auszuschließen, in jedem Fall zum Kinderarzt.

Kein Fieber und trotzdem Infektion?

Neugeborenen und jungen Säuglingen können schwere Infektionen haben ohne Fieber, besonders wenn durch Grunderkrankung oder Medikamente Immunsystem beeinträchtigt. 

Nur Trinkunlust, Veränderung der Hautfarbe oder Berührungsempfindlichkeit oder andere ungewöhnliche Zeichen; dann auch zum Kinderarzt, auch ohne Fieber. 

Zusammenfassung: 

  • Ab ca. 38°C
  • Weder klare Datenlage ob sinnvoll oder gefährlich, ebenso nicht ob sinnvoll oder gefährlich Fieber zu senken
  • Nach Leidensdruck, z.B., Kopfschmerzen
  • Schonen: Risiko für tödliche Herzmuskelntzündungen und plötzlichen Herztod
  • Risiken der Arzneimittel sollten bekannt sein:
    • ASS nicht an Jugendliche generell
    • Paracetamol hohes Risiko für tödlichen Leberschaden
    • Ibuprofen Nieren- und Herz-Kreislaufrisiko
  • Kinder
    • Fieberkrämpfe sind nicht ungewöhnlich, klare Anleitung
    • Ebenso Dreitagefieber
  • Wann zum Arzt:
    • Längere Zeit, starken Schmerzen, Durchfall/Erbrechen, geschwollenen Lymphknoten
    • Kinder: Ungewöhnlich schlapp oder teilnahmslos, mag nicht, nur kurz oder schwach trinken, Haut blass, bläulich, rot
    • Nach Reisen in die Tropen.
    • Nebenwirkung eines Medikaments
    • Nach Impfung

Belege

Bernard, G. R., A. P. Wheeler, J. A. Russell, R. Schein, W. R. Summer, K. P. Steinberg, W. J. Fulkerson, et al. 1997. “The Effects of Ibuprofen on the Physiology and Survival of Patients with Sepsis. The Ibuprofen in Sepsis Study Group.” The New England Journal of Medicine 336 (13): 912–18.

Harper, C. V., D. J. Woodcock, C. Lam, M. Garcia-Albornoz, A. Adamson, L. Ashall, W. Rowe, et al. 2018. “Temperature Regulates NF-κB Dynamics and Function through Timing of A20 Transcription.” Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 115 (22): E5243–49.

Mackowiak, P. A., A. E. Ruderman, R. M. Martin, W. J. Many, J. W. Smith, and J. P. Luby. 1981. “Effects of Physiologic Variations in Temperature on the Rate of Antibiotic-Induced Bacterial Killing.” American Journal of Clinical Pathology 76 (1): 57–62.

Schulman, Carl I., Nicholas Namias, James Doherty, Ronald J. Manning, Pamela Li, Ahmed Elhaddad, David Lasko, et al. 2005. “The Effect of Antipyretic Therapy upon Outcomes in Critically Ill Patients: A Randomized, Prospective Study.” Surgical Infections 6 (4): 369–75.

Section on Clinical Pharmacology and Therapeutics, Committee on Drugs, Janice E. Sullivan, and Henry C. Farrar. 2011. “Fever and Antipyretic Use in Children.” Pediatrics 127 (3): 580–87.

Simon, H. B. 1976. “Extreme Pyrexia.” JAMA: The Journal of the American Medical Association 236 (21): 2419–21.Young, Paul, Manoj Saxena, Rinaldo Bellomo, Ross Freebairn, Naomi Hammond, Frank van Haren, Mark Holliday, et al. 2015. “Acetaminophen for Fever in Critically Ill Patients with Suspected Infection.” The New England Journal of Medicine 373 (23): 2215–24.

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